Von Irmela Hennig
Am Sonnabend gehen Eselhalter aus Sachsen mit ihren Tieren auf Wanderschaft durch die Natur bei Bautzen.
Ob Herbert mitkommen darf? Heike Wulke ist sich da nicht so sicher. Das dunkelbraune Maultier ist ganz schön frech – außerdem eben ein Muli und kein Esel. Und die Wulkes vom Eselhof in Nechern
zwischen Löbau und Bautzen laden am Wochenende nun mal zur Eselwanderung. „Bis jetzt sind etwa 30 Wanderer und zirka 15 Esel angemeldet“, sagt Heike Wulke.
1999 hat sie sich samt ihrer Familie in die Vierbeiner verliebt. Seitdem gibt es Esel im Dorfe Nechern. Die Eselwanderung am Sonnabend ist ein alljährlicher Höhepunkt für Eselhalter in
Ostsachsen. Einen Tag lang ziehen Mensch und Tier gemeinsam durch die Natur. „Mit aller Ruhe und Gelassenheit“, sagt Heike Wulke. Denn Esel seien, anders als ihr Ruf es meint, ganz und gar nicht
störrisch. Sie schlügen nicht aus, schnappten nicht und seien daher auch für Kinder ideal.
Rund 160 Esel in Ostsachsen
Anmelden zur Eselwanderung können sich auch Interessierte ohne Esel. Heike Wulke, die preisgekrönte Tiere besitzt, sieht in der Tour auch eine Art Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Esel. „Wer sich
mit dem Gedanken trägt, einen Esel zu kaufen, kann die Tiere bei unserer Wanderung beobachten. Und wer sich selbst keinen zulegen kann, hat wenigstens Gelegenheit, mal mit Eseln umzugehen.
“ Etwa 60 Eselhalter und 160 Tiere gibt es im östlichen Sachsen „zwischen Dresden und der polnischen Grenze“, schätzt Heike Wulke. Einige Eselfreunde haben vor einiger Zeit die Noteselhilfe ins
Leben gerufen. Eselhalter, die mit ihren Tieren überfordert sind, können sich an den Verein wenden. Nun gibt es auch ein Notesel-Telefon. Das steht ebenfalls bei Heike Wulke und ist die erste
Anlaufstelle für Hilfesuchende. Gerade ist mit Manica ein neuer Esel-Notfall in Nechern eingetroffen.
Die Idee zur Wandertour haben sich die Wulkes in den alten Bundesländern abgeschaut, es einfach mal in Sachsen probiert und gute Resonanz bekommen. Aufsteigen und im Trab durch die Landschaft –
das sei mit Eseln aber nicht zu machen. Eselwandern, das heiße wirklich laufen mit den Vierbeinern. „Wer ein Reittier sucht, sollte sich keinen Esel zulegen“, rät Heike Wulke. Allerhöchstens Kinder
könnten auf den Tieren sitzen. „Man muss doch sehr verliebt sein, um Esel zu halten“, sagt sie ehrlich. In Deutschland sei das gar nicht so einfach, denn Esel sind Steppentiere. Mit den saftigen
Wiesen der Oberlausitz können sie gar nichts anfangen. Esel mögen’s dürr – und Staub mögen sie auch, so richtig zum drin herum wälzen.
Sächsische Zeitung/19.04.2007